Fashion

16 Secondhand-Standorte in zwei Jahren


Der Secondhand-Filialist Strike hat in einer Dortmunder C&A-Filiale seine 16. Fläche eröffnet.

Der Online-Handel mit gebrauchter Bekleidung gehört zu den größten Wachstumstrends der vergangenen zwei Jahre. Das heißt aber nicht, dass das stationäre Secondhand-Geschäft dem Untergang geweiht ist. Im Gegenteil: Im Zuge des Recommerce-Booms eröffnen immer mehr physische Verkaufsflächen, auf denen aussortierte Mode angeboten werden. Ein gutes Beispiel ist der Krefelder Secondhand-Filialist Strike, der sein Konzept – von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – schon in acht Bundesländern eingeführt hat. Die TW hat sich die Erfolgsgeschichte näher angeschaut.

Der Gebrauchtmode-Händler Strike setzt seine rasante Expansion weiter fort. Der Secondhand-Spezialist, der 2020 vom damals 19 Jahre alten Jungunternehmer Daniel Bayen in Krefeld gegründet wurde, hat im Untergeschoss eines Dortmunder C&A-Hauses einen Shop-in-Shop eröffnet.

Strike: Der neue Shop-in-Shop bei C&A in Dortmund

Auf der etwa 500m² großen Fläche verkauft Strike mit eigenem Personal und über eigene Kassen fast ausschließlich gebrauchte Mode. Der Schwerpunkt liegt auf Markenkleidung. “Also keine Fast Fashion und keine unbeliebten Marken ohne Wiederverkaufswert”, erklärt Bayen. “Man findet bei uns aber auch exotische und amerikanische Kleidung.”

Darunter versteht der Jungunternehmer unter anderem Trikots der US-amerikanischen Sportligen NFL (Football), NBA (Basketball) und NHL (Hockey) sowie Merchandise-Produkte amerikanischer Universitäten und Colleges. Außerdem Kleidung mit aufgedruckten Cartoons sowie besonderer Bedruckung oder Bestickung, sogenannte Graphic Tees. Laut Bayen machen die US- und Grafikprodukte 10 bis 40% des Sortiments aus. Je nachdem, wie der jeweilige Standort beliefert wird und was die Läden im Zentrallager von Strike nachbestellen.

Der Reseller akquiriert die Altkleidung über die eigenen Kunden, das Spendensystem Strike-Jugendhilfe und mehrere Sortierpartner, deren Namen der 22-jährige Inhaber und alleinige Gesellschafter nicht nennen will. Zielgruppe sind laut Bayen 13- bis 35-Jährige, die modebewusst sind und Wert auf Nachhaltigkeit legen.  

Das C&A-Modehaus im Dortmunder Osthellenweg ist bereits der 16. Standort von Strike. Der Vintage- und Secondhand-Mode-Spezialist betreibt eigene Stores in Berlin (Ringcenter), Düsseldorf, Dresden, Essen, Halle, Hamburg, Hamm, Krefeld, Ludwigshafen, Mannheim, Mönchengladbach und Stuttgart.

Hinzu kommen drei Verkaufsflächen, die Strike zusammen mit C&A betreibt. Diese befinden sich in Kiel, Erfurt und Berlin (Mall of Berlin). Nach Auffassung von Strike-Chef Bayen ist die Kooperation eine klassische Win-win-Situation: Strike profitiert von der großen Reichweite von C&A.

Der Modefilialist wiederum könne durch die Shop-in-Shops von Strike eine “ganz neue und junge Zielgruppe” erschließen, die Frequenz in den Häusern steigern und sein Nachhaltigkeitsengagement unterstreichen, das ein wesentlicher Teil der neuen Markenkampagne des nach TW-Schätzungen drittgrößten Modehändlers Deutschlands ist.

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Nach der Befragung von 14.000 Verbrauchern

Neue Markenkampagne: C&A stellt People of Colour in den Mittelpunkt

Der Modefilialist hat im Rahmen seiner Modernisierungsstrategie eine neue Markenkampagne entwickelt. Diese soll den Düsseldorfern dabei helfen, ihre hohen Ziele zu erreichen, vor allem in puncto Preis-Leistungsverhältnis, Diversität, Nachhaltigkeit, Inklusion, Stil und Verbraucherorientierung. Dazu hat das Traditionsunternehmen 14.000 Konsumenten in sechs Ländern befragt.

C&A: Zwei Partner für Secondhand

C&A fährt im Secondhand-Business zweigleisig: Das Düsseldorfer Unternehmen beherbergt nicht nur Strike, sondern auch den Online-Secondhand-Händler Carou. Dieser betreibt eigene Verkaufsflächen in fünf C&A-Filialen, die sich in Hamburg, Berlin, Darmstadt, Münster und München befinden. Der nächste Shop-in-Shop wird an diesem Wochenende im C&A-Haus am Alexanderplatz eröffnet. In den kommenden Wochen soll eine weitere Fläche in Bochum folgen.

Im Modehaus am Berliner Kurfürstendamm verkauft C&A eine kuratierte Vintage-Kapselkollektion, die aus Lieblingsstücken der 80er, 90er und Zehnerjahre besteht. Noch in diesem Jahr soll das Carou-Konzept bundesweit eingeführt werden. Die Flächen sind jeweils etwa 200m² groß.

Die Shop-in-Shops und Stores von Strike kommen im Schnitt auf die doppelte Fläche. Das macht unterm Strich 6000m². Größter Standort ist der Strike-Store in Halle, der über eine Fläche von fast 600m² verfügt. Die nächsten Standorte befinden sich bereits in der Pipeline: “Wir planen noch weitere Läden dieses Jahr und auch im Jahr 2023. Allerdings möchten wir die Standorte noch nicht teasern”, sagt Bayen.

C&A ist mit der Kooperation “sehr zufrieden”, teilt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage der TW mit. Ihren Angaben zufolge hängen Umfang und Gesamtfläche der Secondhand-Sortimente von Strike und Carou “immer von der Größe der jeweiligen Filiale und deren Standort ab”. Zum Umsatz der Kooperationsflächen macht die Sprecherin keine Angaben.

Über 1000 Tonnen Altkleidung recycelt

Das Engagement im Handel mit gebrauchter Kleidung sei ein wichtiger Bestandteil der “2028 Global Sustainability”-Strategie, bei der die Umsetzung von mehr Kreislaufwirtschaft essenziell sei. In diesem Sinne habe der Modehaus-Betreiber auch das “We take it back”-Programm eingeführt, über das die Kunden gebrauchte Kleidung in Gutscheine umtauschen können. Die dabei gesammelten Stoffe würden anschließend zu neuen Kleidungsstücken oder in anderen Wirtschaftsbereichen recycelt, zum Beispiel in der Automobil-Industrie. 2021 sei ein Volumen von etwa 1030 Tonnen wiederverwertet worden.

Die Kooperation mit Strike hat C&A vermutlich nicht mehr lange exklusiv: “Es gibt noch ein paar andere Ketten, die Interesse an einer Shop-in-Shop-Partnerschaft geäußert haben. Wir müssen aber zunächst herausfinden, ob die Standorte und die Konditionen für uns interessant sind”, erklärt Bayen, der schon im zarten Alter von 14 Jahren angefangen hatte, gebrauchte Kleidung zu verkaufen. “Damals bin ich am Wochenende auf Flohmärkte gefahren und habe unter der Woche die Kleidung über Instagram verkauft.”

Nach dem Abitur hat der Secondhand-Spezialist in Kalifornien unter anderem mit Oldtimer-Autos gehandelt. 2019 kehrte er nach Deutschland zurück und gründete ein Jahr später das Start-up Strike, das zunächst einen Pop-up-Store und dann einen eigenen Laden in Krefeld eröffnete.

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Offensive mit Secondhand

Mytheresa startet mit Resale in den USA

Der Luxusmode-Online-Händler Mytheresa setzt große Hoffnungen in die USA. Von Januar bis März steuerten die Vereinigten Staaten bereits mehr als 16% des Bruttowarenvolumens bei. Jetzt legt CEO Michael Kliger nach und bietet den Resale-Service mit Vestiaire Collective auch seinen amerikanischen Kundinnen an. “Die USA ist extrem wichtig”, sagt er. Vestiaire Collective startet derweil eine Offensive in Südkorea.

Dort verkaufte Bayen “gut ausgewählte Pieces” aus den 80ern und 90ern: T-Shirts, Trainingsanzüge und andere Kleidungsstücke angesagter Mode-Labels. Bis hin zu edlen Designer-Accessoires. Der Anfang einer Erfolgsgeschichte. Fast im Monatstakt folgten weitere Stores in ganz Deutschland. Mit der Zahl der Standorte wuchs auch das Team, das mittlerweile etwa 95 Mitarbeiter umfasst. Davon sind allein in diesem Jahr rund 60 hinzugekommen.

Trotz des rasanten Wachstums steht eine Expansion in den E-Commerce nicht auf der Agenda. Und das ganz bewusst. “Wir haben Online-Präsenzen auf Instagram, Tiktok und Strikeplanet.de, aber wir planen nicht, online zu verkaufen”, berichtet der Kaufmann.

Der Grund: “Unser Angebot soll so nachhaltig und ökologisch freundlich wie möglich angeboten werden. Zudem möchten wir auch die Innenstädte beleben und ein Erlebnis darstellen. Secondhand im Internet ist einfach nicht das Gleiche wie im Stationärhandel”, betont Bayen, der in diesem Punkt aus eigener Erfahrung sprechen kann. Schließlich hat er vor dem Start von Strike eine Zeit lang versucht, Secondhand-Kleidung ausschließlich online zu verkaufen.

Allerdings ohne Erfolg. Er habe schnell gemerkt, dass die Käufer die Ware vor dem Kauf anprobieren und anfassen wollen. Und: “Online kostet Secondhand oft zu viel und überall kommen noch Versandkosten, Größenprobleme, Gebrauchsspuren und Retouren dazu”, erklärt der Jungunternehmer.

Seiner Einschätzung nach ist es sehr schwierig, im Online-Handel mit gebrauchter Kleidung schwarze Zahlen zu schreiben, weil der Markt derzeit hart umkämpft sei. Unter anderem, weil die Investierfreude bei den Anlegern und Großkonzernen sehr groß sei. In der Folge machten die größeren Online-Konkurrenten hohe Verluste.

Online-Shop? Nein, danke!

Daher beschränkt sich Bayens E-Commerce-Engagement auf Partnerschaften mit größeren Resellern, über die Strike jährlich 20.000 bis 40.000 Artikel verkauft. Entweder über das Modell Resale-as-a-Service, bei dem Strike einen Teil des Umsatzes erhält. Oder der Reseller kauft im Großhandelsstil bei Strike ein.

In der Tat herrscht im Online-Handel mit Gebrauchtmode gerade Goldgräberstimmung: Nachdem 2020 mit About You, H&M und Zalando hierzulande gleich drei große Mode-Player in den Fashion-Recommerce eingestiegen waren, trudelten in der TextilWirtschaft-Redaktion fast täglich Meldungen über den Start neuer Secondhand-Ableger oder Bereiche, die Händler und Hersteller ins Leben gerufen haben, ein.

Auf Handelsseite waren das u.a. Asos, Bergzeit, Best Secret, Ebay, Farfetch, Unger, Mytheresa und die Yoox-Tochter Mr. Porter. Auf Industrieseite sind inzwischen ebenfalls viele bekannte Marken im Mode-Recommerce aktiv, beispielsweise Balenciaga, Hugo Boss, Levi’s, The North Face, Armedangels, Mos Mosh, Dr. Martens und Tommy Hilfiger.

Doch offenbar kann sich Bayen den Luxus des offensiven Multichannel-Verzichts leisten. Schließlich hat der Modehändler eigenen Angaben zufolge schon einige Angebote und Nachfragen erhalten, seine Secondhand-Kette zu verkaufen. “Das möchte ich aber nicht, weil das Wachstumspotenzial noch viel zu groß ist.”

Bayern spekuliert darauf, dass die Fast Fashion-Anbieter immer mehr unter Druck geraten. Der Grund: “Die Ressourcen zur Textilproduktion werden definitiv nur noch teurer werden, während die Kunden immer nachhaltiger und sparsamer werden.” Davon könnten die Secondhand-Anbieter profitieren. 

Ein weiterer Grund könnte darin bestehen, dass Strike noch keine schwarzen Zahlen schreibt. Das ist für ein junges Start-up nichts Ungewöhnliches, dürfte den Verkaufspreis aber deutlich senken. Zum Ergebnis und Umsatz möchte sich Bayen nicht äußern. Die Begründung überrascht: “Als junger Mensch mit Familie in Krefeld fühle ich mich unwohl, wenn die Leute denken, ich sei stinkreich. Das stimmt auch gar nicht, da Strike ein Wachstums-Case ist.”

Im Bundesanzeiger sind keine Geschäftszahlen von Strike zu finden. Der Grund: Die Strike-Filialen werden derzeit noch vom Einzelunternehmen Daniel Bayen e.K. betrieben. Es wurde aber kürzlich eine GmbH gegründet, die dann innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahres ihre Bilanzen veröffentlichen muss.

Muss Strike mit C&A umziehen?

Bis dahin dürfte auch feststehen, ob Strike im Ostenhellweg bleibt oder zusammen mit C&A umzieht. Medienberichten zufolge will der Modefilialist in die Dortmunder Hammerstraße umziehen. Der Mietvertrag für den jetzigen Standort laufe noch bis mindestens 2024.

C&A will sich zu den Umzugsgerüchten nicht äußern. Der Modefilialist teilte auf Anfrage lediglich mit, dass er den bestehenden Mietvertrag “bis auf Weiteres” erfüllen wolle. “Bei einem Umzug würden wir mitgehen”, sagt Bayen. Er sei überzeugt, dass C&A ihn rechtzeitig informieren würde.

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